Produktmanager Andreas Ix erklärt die Funktionen und Vorteile von Turcks M12Plus-Steckverbindern
Echtzeit-Überwachung von Sensor-Aktor-Kabeln
Um ein Condition Monitoring von Sensor-Aktor-Kabeln zu ermöglichen, stattet Turck die neuen M12Plus-Steckverbinder mit Spannungs- und Stromüberwachungselektronik sowie einem Bluetooth-Chip aus, der die Messwerte an eine Steuerung übertragen kann. So kann der Zustand der Kabel permanent überwacht werden, um bei Bedarf rechtzeitig einzugreifen, sagt Produktmanagementleiter Andreas Ix im Interview mit Michael Corban, Chefredakteur der Fachzeitschrift KEM Konstruktion|Automation.
Sie packen einen Bluetooth-Sender in den Steckverbinder – welche Idee steckt hinter diesem Ansatz?
Es handelt sich bei unseren neuen M12Plus-Steckverbindern um eine technologiegetriebene Entwicklung. Die zugrunde liegende Idee ist, die Zustandsüberwachung hochbeanspruchter Leitungen direkt in die Anschlusstechnik zu verlegen. Dazu haben wir in den Steckverbinder die erforderliche Spannungs- und Stromüberwachungselektronik integriert sowie einen Bluetooth-Chip. Auf diese Weise lassen sich permanent – im Moment einmal pro Sekunde – die gemessenen Spannungs- und Stromwerte drahtlos an eine Steuerung senden oder je nach Anwendung ein Alarm auslösen.
Was passiert mit den gewonnen Messwerten?
Die gewonnenen Informationen liegen beispielsweise über die Bluetooth-Verbindung zu unserer IP67-Steuerung TBEN-PLC direkt und einfach in der Automatisierungsebene vor. Dort können sie nicht nur individuell vorverarbeitet, ausgewertet und visualisiert werden, sondern via Multiprotokoll auch mit allen anderen Teilnehmern ausgetauscht werden. Und mehr noch, die TBEN-PLC ermöglicht auf Wunsch auch den Datentransport der Zustandswerte der Leitung direkt in die Cloud, was IIoT-Anwendungen unterstützt. Parallel lässt sich auch die App Cable Monitor in unserer Turck Automation Suite (TAS) nutzen. Durch den Abgleich von Eingangs- und Ausgangswerten werden Probleme wie Kabelknick, Kabelbruch oder fehlende Spannungsversorgung frühzeitig erkannt, die Realisierung von Condition Monitoring und Predictive Maintenance der Leitungen wird sehr vereinfacht. Das ist vor allem bei Anwendungen mit Schleppkette oder in der Robotik ein großer Vorteil.
Lassen sich über die Steckverbinder auch einzelne Kabel eindeutig identifizieren?
Ja, denn in den meisten Fällen werden mehrere Kabel zum Einsatz kommen. Dazu können wir die Steckverbinder parametrieren und so jedem Kabel eine eindeutige ID zuweisen. Das bietet eine Reihe von Vorteilen: Dank der individuellen MAC-Adresse jedes Steckverbinders kann der Anwender ein vom Ausfall bedrohtes Kabel direkt und vorausschauend identifizieren und sofort ersetzen. Ein QR-Code auf dem Stecker wird die Instandhaltung weiter erleichtern.
Der Zustand der Kabel lässt sich also überwachen – ist auch an ein Monitoring der Aktoren gedacht, etwa über die Strom- und Spannungswerte eines angeschlossenen Motors?
Unser Hauptfokus liegt derzeit auf dem Monitoring der Kabel – prinzipiell ist es aber möglich, das auf die angeschlossenen Geräte auszudehnen. Realisiert wurde bereits eine Anwendung, in der das ungewollte Abschalten der Fördertechnik verhindert wird. Die M12Plus-Leitungen mit integriertem Condition Monitoring erkennen hier ansteigende Stromverbräuche von Stoppermotoren und melden dies per Bluetooth an die SPS. Die Stopper sollen einen Materialstau verhindern. Allerdings verschmutzen die Antriebe schnell und arbeiten dann nicht mehr korrekt, der Motor zieht also mehr Strom. Wird ein Schwellwert überschritten, löst dies das sichere Abschalten der Förderanlage aus und die Instandhaltung kann das Problem beheben. Das zeigt exemplarisch den Vorteil unseres technologiegetriebenen Ansatzes: Obwohl zunächst das Kabel und sein Zustand im Vordergrund stehen, lässt sich eine Vielzahl weiterer Anwendungen realisieren. Wir sind hier stets offen für spannende Ideen.
Verglichen mit einem Standard-Sensor-Aktor-Kabel: Wie viel teurer ist denn die Variante mit den M12Plus-Steckverbindern gegenüber dem Standardkabel?
Natürlich müssen die smarten Steckverbinder teurer sein, trotzdem profitiert der Anwender, da sich durch deren Einsatz etwa ein Maschinenstillstand vermeiden lässt. Die bei einem ungeplanten Stillstand der Produktion anfallenden Kosten wären hier viel relevanter. Zu berücksichtigen ist dabei auch folgendes: Kontakte sind das Ende der Elektrotechnik, so lautet ein alter und weiser Spruch. Tatsächlich sind die häufigsten Fehlerursachen schlechte Steckverbindungen oder eine defekte Leitung. Beides – auch die Güte der Steckverbindung – kann nun überwacht werden, da sich Produkte wie M12Plus und unser TBEN-PLC- und I/O-Modul-Portfolio perfekt ergänzen. Das ist insbesondere auch im Hinblick auf die IP67-Technologie ein Plus. Sie bietet immense Vorteile, aber ein wesentlicher Nachteil ist die aufwendige Fehlersuche. Während im Schaltschrank die Spannung leicht an einer Klemme gemessen werden kann, ist das im Steckverbinder bislang mit Aufwand verbunden. Das wird mit unserer Lösung nun deutlich einfacher.
Welche Ziele verfolgt Turck generell im Bereich der Anschlusstechnik?
Hier bauen wir unser umfangreiches Portfolio beständig aus – es umfasst Kupplungen und Stecker, Flansche und Durchführungen, Anschluss- und Verbindungsleitungen sowie Feldbusleitungen und Verteiler in zahlreichen Ausführungen. Hinzu kommen selbstkonfektionierbare Steckverbinder. Zum Angebot gehören aber auch induktive Koppler – so übertragen etwa die berührungslos arbeitenden induktiven Koppler der NIC-Serie via IO-Link bis zu 16 Schaltsignale und bei Bedarf bis zu 18 W Leistung.
Autor | Das Interview führte Michael Corban, Chefredakteur der Fachzeitschrift KEM Konstruktion|Automation
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