Produktionstracking ohne Datenbank und SPS
Für Britax Römer entwickelte die Kirschenhofer Maschinen GmbH ein System zur Produktionssteuerung und Qualitätssicherung – über Turcks RFID-Tags und TBEN-S-Ethernet-Multiprotokoll-Module
Wie der Industrie-4.0-Gedanke in konkreten Projekten realisiert werden kann, hat die Kirschenhofer
Maschinen GmbH jüngst bei der Britax Römer Kindersicherheit GmbH bewiesen. Ganz ohne übergeordnete Steuerungen oder zentrale Datenbanken hat Kirschenhofer ein Tracking-System für Kindersitze realisiert, dessen Datenbasis ein RFID-Datenträger am Produkt bildet. Dieser Tag enthält die Abfolge der Montage-Stationen und dokumentiert alle Produktionsschritte.
So wird die Qualität gesichert und das Produkt ist später schnell und einfach auch in der Verpackung identifizierbar – ortsungebunden und ohne Datenbankzugriff. Basis des erfolgreichen Projekts ist die von Kirschenhofer umgesetzte Anbindung von Turcks Multiprotokoll-RFID-I/O-Modulen TBEN-S an die Systementwicklungssoftware Labview von National Instruments.
Schlankes System spart Kosten
Auf Basis von Labview entwickelte Kirschenhofer einen komplett neuen Ansatz: die Prozesskontrolle mit einem RFID-System, das alle Daten auf dem Datenträger am Produkt speichert. Üblicherweise nutzen Tracking-Systeme nur die ID des Datenträgers und sichern die zugehörigen Produktionsdaten in einer Datenbank, auf die alle relevanten Prozessstellen Zugriff haben. Aber genau diese Server-Infrastruktur wollte Kirschenhofer Britax Römer ersparen.
Klebe-Datenträger mit 320 Byte Speicherplatz
Turck konnte mit dem Smart Label TW-L36-18-F-B320 einen Datenträger anbieten, der allen Anforderungen gerecht wird. Der daumennagelgroße Aufkleber hält mit 320 Byte sogar mehr als die Minimalgröße an Datenspeicher bereit und kann somit auch Erweiterungen des späteren Systems abbilden, falls einmal auch Soll-Messbereiche abgebildet oder weitere Stationen ergänzt werden.
Komplettlösung ohne SPS
Craig Craill, geschäftsführender Gesellschafter und SPS-Programmierer bei Kirschenhofer, suchte nach einer Lösung, die den Betrieb eines RFID-Systems ohne SPS ermöglicht. Dreh- und Angelpunkt war die Rework-Station. Der Bediener sieht hier auf einem Tablet-PC alle nötigen Informationen. Es zeigt an, welches Merkmal fehlerhaft ist und stellt den Soll-Zustand der Montage im finalen System auf einem Bild dar.
Schnittstelle zwischen Labview und Ethernet/IP
Kirschenhofer wählte für das System bei Britax Römer kompakte TBEN-S-RFID-Interfaces und je nach Station unterschiedliche Schreib-Lese-Köpfe von Turck. Das TBEN-S-Modul kann die RFID-Daten der Schreib-Lese-Köpfe vorgefiltert über Profinet, Ethernet/IP oder Modbus TCP an übergeordnete Systeme ausgeben, in der Regel an Steuerungen. Craill entschied sich dazu, eine direkte Schnittstelle zwischen Labview und Ethernet/IP zu programmieren, um den Umweg über eine Steuerung zu vermeiden.
Höhere Prozesssicherheit bei Nacharbeiten
Nico Dreher, Prozessingenieur bei Britax Römer, zeigt sich von der Lösung überzeugt: „Heute stellen wir den Sitz in die Station und sehen auf dem Display, welches Merkmal nicht stimmt. Das ist ein großer Vorteil, weil es schneller und sicherer ist als früher“. Für die Nacharbeitsstation wählte Kirschenhofer den länglichen Schreib-Lese-Kopf TNLR-Q80L400, weil dort keine fixen Ankerpunkte für den Sitz vorgesehen sind und der Schreib-Lese-Kopf einen größeren Bereich abdecken muss.
Effiziente Produktlogistik
Am Ende landen die erfolgreich nachgearbeiteten Sitze wie alle anderen an der End-of-Line-Station. Hier wird abschließend geprüft, ob alle Merkmale IO sind. Erst danach erhält der Sitz sein Zulassungslabel mit eindeutiger Seriennummer. Anschließend wird er so im Karton verpackt, dass der Datenträger durch die Pappe hindurch ausgelesen werden kann, ohne den Karton zu öffnen. „Eine mobile Rework-Station können wir selbst umsetzen. Wir benötigen dazu nur ein weiteres Tablet, einen Reader, den Switch und eine Labview-Lizenz. Dann wären wir einsatzfähig und könnten – in einem Fehlerfall – zu den Händlern fahren und die Sitze durchchecken. Das wäre viel effizienter durchführbar als bisher“, sagt Nico Dreher.
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